Ein Erbe haftet nicht zwingend persönlich für die auf ihn übergegangenen Mietforderungen, auch wenn er es unterlassen hat, von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen. Eine persönliche Haftung tritt aber ein, wenn der Erbe nach wirksamer Beendigung des Mietverhältnisses seiner Pflicht zur Räumung und Herausgabe der Mietsache nicht nachkommt.
Der Fall
Der Vermieter einer Wohnung nahm den einzig verbliebenen Erben des im August 2014 verstorbenen Mieters in einer ersten Klage vom Februar 2015 auf Zahlung der Mieten September 2014 bis Dezember 2014 sowie auf Räumung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch. Das Amtsgericht gab der Klage im August 2015 vollumfänglich statt. Für die Wohnung wurde im November 2015 auf Antrag des Erben die Nachlassverwaltung angeordnet und die Zwangsräumung erfolgte Ende Januar 2016. Das Berufungsgericht wies die Zahlungsklage ab, hielt jedoch die Räumungsklage aufrecht. Es begründete seine Entscheidung damit, dass es sich bei den geltend gemachten Mietforderungen um reine Nachlassverbindlichkeiten handele, für welche der Erbe infolge der zwischenzeitlich angeordneten Nachlassverwaltung nicht mehr hafte.
Mit einer zweiten Klage, um welche es hier geht, macht der Vermieter klageweise die weiteren Mieten und Nutzungsentschädigungen für den Zeitraum März 2015 bis Januar 2016 gegen den Erben geltend, nachdem dieser trotz Kenntnis vom Tod des Mieters von seinem ihm nach § 564 Satz 2 BGB zustehenden Sonderkündigungsrecht keinen Gebrauch machte. Sowohl das Amtsgericht als auch das Berufungsgericht gab der Klage mit der Begründung statt, es handele sich nicht um reine Nachlassverbindlichkeiten, für welche die Haftung mit dem eigenen Vermögen ausgeschlossen sei. Es handele sich stattdessen aufgrund der unterlassenen Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 564 Satz 2 BGB um sogenannte Nachlasserbenschulden, für welche eine persönliche Haftung zu bejahen sei.
Die Entscheidung
Der BGH folgt der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nur teilweise und führt aus, dass der Erbe seine zunächst uneingeschränkte persönliche Haftung durch die Anordnung einer Nachlassverwaltung beschränken kann mit der Folge, dass er für Erblasserschulden nicht mehr mit seinem eigenen Vermögen haftet. Die Haftungsbeschränkung erstreckt sich jedoch nicht auf Forderungen, für welche der Erbe (auch) persönlich haftet. Nach Ansicht des BGH stellt jedoch allein das Unterlassen der Kündigung binnen eines Monats nach Kenntnis der Erbenstellung gemäß § 564 Satz 2 BGB keine Verwaltungsmaßnahme dar, die zu einer persönlichen Haftung des Erben für sodann fällig werdende Forderungen aus dem Mietverhältnis führt. Diese Frage war bisher umstritten. Der BGH begründet seine Entscheidung u.a. damit, dass dem vorläufigen Erben faktisch eine Pflicht zur Verwaltung des Nachlasses auferlegt werden würde, die ihn aber grundsätzlich (noch) nicht trifft, da die Ausschlagungsfrist 6 Wochen ab Kenntnis der Erbschaft beträgt und damit länger andauert, als die vorgesehene Frist zur Ausübung des Sonderkündigungsrechts in § 564 Satz 2 BGB.
Hingegen kann es aber eine Verwaltungsmaßnahme des Erben darstellen, wenn dieser einen fälligen Anspruch des Vermieters auf Räumung und Herausgabe der Mietsache nicht erfüllt hat. Dieses Unterlassen hat Handlungsqualität, nämlich dann, wenn für den Erben eine Rechtspflicht zum Handeln bestand, gegen die er verstoßen hat. Vorliegend war nach Beendigung des Mietverhältnisses zur Herausgabe der Wohnung an den Vermieter verpflichtet. Es muss jedoch noch gerichtlich geklärt werden, wann genau das Mietverhältnis endete und der Herausgabeanspruch des Vermieters fällig geworden ist, sodass die Sache vor dem Berufungsgericht neu zu verhandeln ist.
BGH, Urteil vom 25. September 2019, Az. VIII ZR 138/18
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Urteil vom 4. April 2018, Az. 23 S 35/17
AG Neuss, Urteil vom 18. Mai 2017, Az. 78 C 3609/16